03.05.2023
Istrien von Ost nach West zu Fuß
ISTRIA 100 von UTMB wurde 2013 gegründet und heute versammelt es mehr als 2000 Läufer aus der ganzen Welt. In 5 Entfernungen, 100 Meilen, 110 km, 69 km, 42 km und 21 km, kombinieren die Strecken alle Aspekte Istriens: schwieriges und technisches Gelände, ein bisschen Coasteering, alte mittelalterliche Städte, tiefe Wälder, Stadtzentren, schlammige Gassen, Bäche und Schluchten und viele wunderschöne Panoramen.
Ich habe mich für den zweitgrößten Kurs mit 110km und 3860hm entschieden. Der so genannte Blaue Kurs beginnt in Buzet und bietet typische Wanderwege im istrischen Landesinneren. Nach 20 km verschmilzt der BLAUE Weg mit dem ROTEN Weg (168km) und setzt den Aufstieg zu den höchsten Gipfeln Istriens fort. Zuerst dreht man eine Schleife Richtung Osten um dann nach 42km wieder in Buzet anzukommen, dann geht's nach Westen bis hinunter zur Küste und endet in der Stadt Umag.
Ziemlich früh im Laufkalender, aber ich dachte mir im Süden passt das Wetter sicherlich. Da habe ich dann natürlich bei der Hinfahrt über die Tauernautobahn schon ziemlich blöde geschaut: heftiger Schneefall und Sturm, danach bis nach Istrien Dauerregen. Was soll das…. Da wird einem schon etwas mulmig zumute, aber man kann ja nur abwarten und auf die Wettervorhersagen hoffen…
Am Renntag zum Start wars dann sehr gutes Laufwetter mit 8Grad und bewölkt. Wir wurden wir mit dem Bus von Umag nach Buzet gebracht, wo der Start um 7:00 Uhr stattfand. Am Start herrschte schnell tolle Stimmung, AC/DC Vollgas aus den Lautsprechern, des passt und bis man schaut fällt der Startschuß für die 350 Athlet/innen. Es hat zwar über Nacht nochmal geregnet, aber die Trails waren anfangs nicht so rutschig bzw. schlammig.
Bis km30 gings sowieso nur bergauf, 2/3 der Höhenmeter waren da schon erledigt und wir auch:-). Nein, aber man spürt die Belastung schon, wichtig trotzdem, immer auf die Verpflegung achten, in regelmäßigen Abständen trinken und essen. Dann gings steil bergab, die Trails waren hier jedoch sehr steinig und rutschig, nix mit "laufen" lassen und man musste ständig hochkonzentriert sein und wir waren nach 42km wieder in Buzet.
Hier eine große Verpflegungshalle, Essen trinken aufnehmen. Aber irgendwie schmeckte mir gar nix, außer Orangen. Aber ich hatte sowieso meine selbstgemachten Gels dabei, da es keine Gels vom Veranstalter gab. Dann gings weiter zum nächsten kleinen Hügel mit ca. 300hm.
Und ab hier war die Landschaft wunderschön, mittelalterliche Städte bzw. Dörfer wechselten sich mit Pfaden durch die grün blühende Frühlings-Natur ab, mit Olivenhainen, Eseln, klatschenden und gutzusprechenden Menschen am Straßenrand. Das tut gut, den jetzt spürte ich nach 50-60km ein Tief kommen. Diese gibt es bei solch langen Rennen tausende, aber ein paar merkt man halt mehr. Aber nicht stehen bleiben, es ist vieles eine Kopfsache. Diese vielen "kleine" Hügel sind aber schon auch fies, schwierig zu laufen vorallem bergab und so richtig "vorwärts" kommt man nicht.
Jetzt ist es ziemlich warm geworden und die Sonne zeigt sich in voller Pracht, sehr schön. Ein kleiner Bach musste desöfteren überquert werden, da werden die Schuhe wieder sauber und eine kleine Abkühlung. Auch ist jetzt "nur" noch ein Marathon zu laufen, positive Gedanken fassen:-). Bei der nächsten großen Verpflegung in Livade freute ich mich auf eine Nudelsuppe und Cola, jetzt gings mir wieder besser. Zur nächsten Verpflegung sind es weitere 15km mit nochmal zwei Hügeln, aber wieder sehr schöne Dörfer, Täler, einsame Landschaften.
Plötzlich hörte ich Donner und kurze Zeit später ziehen ziemlich dunkle Wolken auf. Es dauerte nicht lange und es begann zu hageln, was es nicht alles an einem Tag geben kann… Schnell Regenjacke anziehen, trotzdem weiterlaufen. Der Hagel verschwand nach 15min, dafür ab jetzt Regen bis kurz vorm Ziel. Auch wurde es kühler, da wurden die 15km zur Verpflegung doch wieder lang. Aber ab jetzt geht bis ins Ziel nur noch bergab und keine technischen Trails mehr, Gott sei Dank. Diese Verpflegung bei km90 schnell mitgenommen und gleich wieder weiter zur Letzten die in 8km kommt. Es ging nun gut voran und es war gut zu laufen. Angekommen bei der letzten Verpflegungsstelle wurde der Regen stärker, ich frierte etwas. Deswegen Pulli anziehen, die Regenjacke drüber und die Stirnlampe aufsetzen. Dann eine warme Suppe, Cola und natürlich Orangen. Jetzt sinds noch 14km ins Ziel und es regnet ziemlich heftig, das kostet Überwindung wieder rauszugehen. Für 14km brauche ich ja doch min. 1,5Std. Aber ich fühlte mich sehr gut und konnte bis ins Ziel alles laufen, unglaublich zu was der Mensch fähig ist und die anderen vom roten Kurs haben ja bereits über 150km in den Beinen. Respekt, Hut ab. Jetzt wurde es dämmrig und Nacht, aber mit der Stirnlampe ist ja gut zu laufen.
Weit vorne sieht man schon Lichter einer Stadt, aber ist das Umag? Weiterlaufen ist die Devise, ja es ist Umag, yeah. Es geht den Radlweg entlang, durchs Zentrum und dann bergab zur Küste bzw. Hafen. Die letzten 200 Meter und dann ganz alleine durch den Zielbogen, da alle Zuschauer vor dem Unwetter geflüchtet sind. Macht aber nichts – ich feiere trotzdem ein wenig!
Aber jetzt erstmals eine warme Dusche, Essen und irgendwo sich hinsetzen:-). Es ist bereits elf Uhr nachts, aber leider ist an Schlaf wieder nicht zu denken, zu viel Cola, Adrenalin usw. Aber das holt man die folgenden Tage alles wieder auf: Schlafen und Essen:-).
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